Jener Stadt, in der sich vor über 60 Jahren viele Menschen gemeinsam mit Loris Malaguzzi auf den Weg machten, um traditionelle Vorstellungen zu hinterfragen, Wahrnehmungs- und Denkmuster aufzubrechen und so Raum für einen fortwährenden Aufbruch im Dialog zu schaffen – ein Dialog zwischen Pädagog:innen, Künstler:innen, Philosoph:innen, Kulturwissenschaftler:innen, Psycholog:innen, (Neuro-)Biolog:innen, Anthropolog:innen, Kurator:innen und Menschen vieler weiterer Professionen.
Ziel des Atelierista-Kurses war dieses Mal die Teppich-Galerie von Dr. Razia Hejazian in der Pariser Straße 54 in Berlin. Dort führte Dr. Hejazian persönlich in seine Ausstellung „Nomaden- und Bauernteppiche – die Kraft der Symbole“ ein und gab einen inspirierenden Einblick in das Denken des Kulturwissenschaftlers Aby Warburg, zu dem er selbst promoviert hatte.
Warburgs Haltung – kulturelle Hierarchien aufzubrechen und Bild- wie Denkräume miteinander zu verknüpfen – wurde in der Ausstellung eindrucksvoll erfahrbar. Besonders Warburgs Methode des Bilderatlas, in dem Bildmaterial aus unterschiedlichen Kontexten collageartig in Beziehung gesetzt wird, bot einen inspirierenden Anknüpfungspunkt für das Reggio-Verständnis von Wahrnehmen, Denken und Gestalten als In-Beziehung-Setzen.
Die Ausstellung spiegelte dieses Prinzip auf beeindruckende Weise wider: Die gezeigten Teppiche traten in spannungsvollen Dialog mit Werken der klassischen Moderne, etwa von Mark Rothko, sowie mit Fotografien nomadischer und bäuerlicher Lebenswelten. Ein facettenreiches Zusammenspiel von Symbolen, Formen und Bedeutungen entstand. Für diese besonderen und außerordentlich wertvollen Ein- und Ausblicke danken wir Dr. Hejazian ganz herzlich!
In allem wurde die Haltung Reggios spürbar: ein offenes, vielstimmiges Denken, das kulturelle und zeitliche Verbindungen sucht – mit dem Ziel, Verständigung zu ermöglichen und ein friedliches Miteinander zu gestalten.
„Wir erkennen an, dass jede Sprache das Recht hat, sich vollständig zu entfalten – und im Austausch mit anderen Sprachen wächst. Alle Ausdrucksformen (…) entwickeln sich durch gegenseitige Beziehung.“ (Loris Malaguzzi)
Zurück in der Akademie wurde das Erlebte nicht nur reflektiert, sondern auch in Bewegung übersetzt: Unter der künstlerischen Leitung von Roswitha Schmaltz entwickelten die Teilnehmenden eine Performance. Grundlage waren Fotografien der Teilnehmenden, die am Tag zuvor entstanden sind und die nun körperlich, rhythmisch und gestisch in eine neue Sprache übertragen wurden.
Diese performative Rückkehr war eine Fortsetzung der Denk-Bewegung – eine Sprache der Beziehungen, die neue Räume des Verstehens öffnet - ganz im Sinne eines Ateliers, das weniger ein Ort als eine Haltung ist: staunend, fragend, gestaltend. Die Begeisterung der Teilnehmenden sprach für sich! Wir freuen uns schon jetzt auf die weitere „Reise nach Reggio“ im Rahmen des Atelierista-Kurses!